Jetzt, im September, ist es wieder so weit:
im Naturschutzgebiet "Hardangervidda", Europas ausgedehntester Hochebene mitten im Herzen Norwegens, beginnt die Jagdzeit. Obwohl sich zahllose Jäger alljährlich in die gigantische Tundralandschaft mit den weiten Horizonten zur Niederwildjagd wagen, trafen wir in den vier Tagen, in denen wir unterwegs waren (und wir legten lange Strecken zurück), keinen einzigen Jäger. Die Unendlichkeit scheint die Menschen zu verschlucken...

Gejagt werden hier vor allem Vögel. Enten und Gänse waren in unserem Gebiet nicht mehr anwesend, also hieß es, in die höchsten Gipfellagen zu
klettern, um die spezielle hier lebende Art von Schneehühnern, die norwegischen "fjellrypen" zu erlegen, ev. auch einen "gråtrost", eine Bergdrosselart, die hierzulande zum jagbaren Wild zählt und den Hühnchen im Wohlgeschmack nicht nachsteht.

Mit dem Wohnmobil fuhren wir soweit es ging in die Tundralandschaft hinein, von da aus hieß es, so weit wie möglich hochsteigen, denn die Rypen bevölkern nur die höchsten Gipfelregionen, hier speziell leicht moorastige Nordhänge, auf denen ein der Entengrütze ähnlicher Bewuchs zu finden ist: Hauptnahrung der Vögel im Spätherbst. Tapfer stieg ich mit Tochter Mira voran, mein Mann (hier Fotograf) hinterher, bis wir die weitgezogenen Gipfel-Plateaus erreichten.
Ich bewunderte unsere Tochter, die wirklich stundenlang bei starkem Sturm mit uns durch die Landschaft marschierte und unermüdlich nach jeder Bewegung Ausschau hielt. Bei starkem Wind bleiben die Rypen lange am Boden, auch wenn sie Gefahr wittern. So muß man mit wirklich scharfem Blick ihre unglaublich gute Tarnfarbe "überwinden", mit der sie sich der gefärbten Herbstlandschaft angepaßt haben. Offenbar werden sie erst nach Schneefall ganz weiß. Mira, die ihre Augen näher am Boden hatte, war es dann auch, die uns zum ersten Schneehuhn führte, das ihr dann nach dem Schuß von Papa genau erklärt wurde.
Es ist faszinierend, wie natürlich die Kinder doch mit dem Tod eines Tieres umzugehen vermögen.
Mira streichelte die Rype, fragte, ob sie dann in uns weiterleben würde, und sah dann sehr interessiert beim Ausnehmen zu, was wir gleich am nächsten Wasserlauf erledigten. So sah sie ganz genau, wo Herz und Leber der Hühner liegen, Leckerbissen, die ihr dann am Abend als besondere Belohnung zugeteilt wurden.

Wie unnatürlich ist doch dieser moralisch-emotionale Zeigefinger, wo Kindern eingebläut wird, daß so ein süßes Vögelein doch lieber in den Lüften fliegen solle. DAS bedeutet für mich völliges Getrenntsein von der Harmonie und dem Einssein mit der Natur, wo alles letztlich lebt und gerade der Jäger höchsten Respekt vor den Wesen der Schöpfung empfinden darf, gerade weil er sich der Schönheit der Natur bedient.

Dann ging's weiter.
Hier ein wunderbares Bild während einer kurzen Pause, im Hintergrund der berühmte "Hardanger-Jøkul", einer der gewaltigsten Gletscher Norwegens, dem wir bei der Tour ganz nahe kamen.
Hier hält die stolze "Jungjägerin" eine weitere Jagdbeute.
So liefen wir jeden Tag stundenlang im Zickzack über die Tundra und von Gipfel zu Gipfel ...
... um dann nach langer Suche endlich wieder auf ein Schneehuhn zu stoßen, das seine Tarnung zu gewagt verlassen hatte.

Hier sieht man eine frisch erlegte Rype im Boden der Tundra liegen.
Immer wieder hielten wir lange an, um unsere Blicke in die Weite dieser spektakulären landschaftlichen Schönheit wandern zu lassen.
... wo es schon in 2-3 Wochen wieder so aussehen wird.

Schneehuhnjagd in der Hardangervidda ist wirklich noch ein echtes Abenteuer. Die spärliche Jagdbeute muß sich in stundenlangen Märschen in teils stürmischer, regnerischer Einöde wahrlich erkämpft werden. Doch was für ein Genuß, wenn am Abend dann die zurückgebrachten Hühnchen zubereitet werden können. In jedem Bissen dieser äußerst wohlschmeckenden Mahlzeit steckt dann nicht nur die Freiheit und Majestät der Berge, die so ein Vogel verkörpert, sondern auch die eigene Anstrengung, die nötig war, um sich dieses wunderbare Wild aus der Natur entnehmen zu können. Wir brieten die Vögel in Butter oder schmorten sie auf Gemüsereis. Zum Garen auf offenem Lagerfeuer (wie man es in der Tundra meist praktiziert), war das Wetter diesen Herbst einfach zu stürmisch.

Nach ein paar Stunden im Rucksack (natürlich zuvor ausgenommen), hat die Fleisch-Reife bei diesen kleinen Tieren übrigens bereits stattgefunden. Somit können die erlegten Vögel der Tages-Tour bereits am Abend zubereitet werden.

Wer sich von diesen Zeilen inspiriert fühlt, kann mich gerne unter dem Menüpunkt Kontakt anmailen. (Bitte NUR eMail-Text ohne Anhänge.) Ich bin gerne bereit, für Jägerinnen solche Touren zu organisieren und durchzuführen.

Ich grüße Euch mit dem norwegischen Jägergruß SLIK JAKT!

Eure
Sonja, die Nordlandjägerin